Hamlet in the boondocks @ Stadthaus Michelstadt, April 2017
Posted on 8. April 2017
Hamlet. Man kommt einfach nicht drumherum, auch hier im mittleren Teil des tiefen Odenwalds. Doch Hamlet geht immer und in jeder Form, selbst als Westerntragödie mit Karohemden. Natürlich mit einem der derzeit so beliebten Untoten, der aus seinem Grab steigt und nächstens die Erde wandelt. Und mit Sex, Herzschmerz, Countrymusik, Linedance und selbstverständlich jeder Menge Leichen. Der Schädel kommt auch vor, er gehört einem Komiker. Inszeniert mal wieder von der Theatertruppe Spiellust.
Die komplette Bilderschau gibt es hier auf flickr.
Für die Besitzer von Bildungslücken, denen nach „Totenschädel“ und „Sein oder nicht sein“ zum Rest nur noch Schweigen einfällt, hier als kleine Hilfestellung die Zusammenfassung einer Zusammenfassung:
Hamlet in a nutshell
Der Fall ist klar: Der Geist will Rache.
Doch dem armen Hamlet ist nicht wohl bei der Sache.
Er windet sich und zögert. Der sitzt in der Patsche.
Deshalb tut er so, als hätt er einen an der Klatsche.
Hamlet, Prinz von Dänemark.
Er soll sich rächen, doch er kommt nicht aus’m Quark.
Hamlet ist in ’ner schwierigen Lage:
Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage.
Hamlet erschiesst den Polonius.
Ophelia macht deshalb mit ihrem Leben Schluss.
Denn sie war dem seine Tochter und Hamlets Mädel.
Hamlet geht zum Friedhof und spricht mit einem Schädel.
Als Hamlet dann Laertes in der Sporthalle trifft,
ist dessen Kugel präpariert mit starkem Gift.
Bald sind beide verletzt und dem Tod geweiht.
Hamlet sagt Laertes, dass er ihm verzeiht.
Der Onkel hat das Gift auch in den Siegestrunk gekippt und hofft, dass
er das Ding mit Hamlet heute endlich wippt.
Fataler Weise greift jetzt die Mutter zu dem Kelche und trinkt.
Der Onkel wird blass und denkt:
„Welche Riesenscheiße, Mann! Das war doch für den Sohn!“
Da fällt seine Frau schon sterbend vom Thron.
Hamlet sieht die Mutter tot zu Boden sinken, und zwingt seinen Onkel,
selbst das Gift zu trinken.
Das war nun wirklich kein besonders fröhliches Fest.
Fast alle sind tot. Und Schweigen ist der Rest.
Nosferatu @ Stadthaus Michelstadt, Juli 2016
Posted on 21. Juli 2016
Untote! Man kann ihnen nicht entkommen, sie sind heutzutage überall. In TV-Serien, Games, Kinofilme, ja selbst im real-live auf offener Straße sind sie unvermeidlich geworden. Und nun haben sie auch Michelstadt übernommen, wie uns die neueste Inszenierung der Odenwälder Theatertruppe Spiellust im Michelstädter Stadthaus zeigt. Und da Spiellust kulturbewusste Kultur schafft, sind es natürlich nicht die tumben, gierigen Massen der Walking Dead oder der rasende Mob eines Worldwar Z. Die Untoten im Stadthaus sind von der ganz klassischen Sorte, quasi Modell anno dazumal. Aber: Auch bei dieser Ur-Ur-Version der lebenden Toten gelten die eheren Grundregeln des Untoten-Genres: Lass dich bloß nicht beißen! Denn wer gebissen wird, der ist es Un-Todes. Es droht der Untergang der Stadt, weil Untoterei sich stets wie eine Seuche verbreitet. Glücklicherweise gibt es einige Tricks, mit denen die Untoten ins endgültige Jenseits befördert werden können. Aber wehe! Es ist ein Kampf auf Leben und Tod, ääh Un-Tod.
Und hier das ganze Grauen mit allen Bildern: Komplette Bilderschau
Inspiration haben sich die Macher des Theaterstücks von den ganz großen Klassikern des Genres der lebenden Leichen geholt. Zwar hätte George Romeros Dawn of the Dead von 1978 auch auf Michelstadt gepasst, doch standen Kaufland oder Toom wohl nicht als Aufführungsorte zur Verfügung. Zudem reicht das schmale Produktionsbudget eines Amateurtheaters einfach nicht zur Fütterung solch immenser, ewig gefräßiger Komparsenhorden. So wurde es dann Bram Stokers Dracula, oder vielmehr F.W. Murnaus urheberrechtsabgabenfreie Nacherzählung der Dracula-Geschichte, die ja zugleich inspiriert war von der Inspiration für Stoker, einer Schauerreportage über die Sitten auf dem Balkan. In der Hauptrolle der Reportage: Ein gewisser Nosferatu, quasi die verkörperte Seuche.
Gezeigt wird im Stadthaus nebenbei auch eine Neuverfilmung von Murnaus Stummfilm-Schauerschinkens von 1921 an den Michelstädter Originalschauplätzen. Natürlich darf die Hommage an den die Kleinstadt erregenden Aufenthalt der Filmleute im Städtchen nicht fehlen (sowas lieben wir hier), sowie das Gemunkele über die (schon damals längst unter den Teppich gekehrten) Vermisstenfälle, die die Filmleute von der besonderen Eignung dieser Kleinstadt für Horrorgeschichten überzeugten.
In einer bizarren quasi-religiösen Wendung erinnert das Stück auch daran, dass die christlich-abendländische Kulturgeschichte noch an anderen Stellen als dem Horrorkino das Motiv eines aus seinem Grab steigenden Mannes kennt. Das sind wahre Theaterschicksale: Einmal die richtige Abfahrt gen Himmel verpasst, und schon ist das eigentlich ewig Gute unablässig mordend unterwegs, weil es das ewige Leben eben so erfordert. Und natürlich fühlt es sich in seinem Innersten zutiefst unverstanden von der Welt. Jaaa, und dann Drama: Hass ist nur unerwiderte Liebe, Barmherzigkeit ist purer Egoismus und Weiterleben eine Strafe.
Aber trotz aller Volten, die Inszenierung hält sich verlässlich an alle Regeln des Horrorfilms, auch die des Teenie-Slashers: Sex zu haben führt unweigerlich zum Tode. Wegen FSK 12 und Stoff aus dem 19. Jahrhundert reichen hier bei den Damen aber auch schon weiche Knie ob der enormen erotischen Ausstrahlungskraft des Grafen. Selbst das Happy End ist by the book: Wer sterben musste, ist nur untot. Und die Untoten, ja die kommen bestimmt wieder.
Licht ins Dunkel @ Hüttenwerk, 18.09.2015
Posted on 22. September 2015
Eine düstere Geschichte – nicht von, sondern über den amerikanischen Schriftsteller Edgar Allan Poe. Wer dessen Geschichten kennt, den überrascht es nicht allzusehr, dass der Mann – nunja – mit einer gewissen psychischen Schlagseite durchs Leben ging. Und Frauenprobleme hatte er wohl auch. Und Drogenprobleme. Und einen schwarzen Raben als Lebensberater, den außer ihm keiner sah und hörte, was dessen Ratschläge nicht besser machte. Andererseits wird auch behauptet, Poe hätte nur keinen Alkohol vertragen und wäre deshalb in den sittenstrengen USA ein wenig aufgefallen. Im aktuellen Stück der Odenwälder Theaterleute von Spiellust haben Geschichtenerzähler aus den Geschichten über einen, der Geschichten erfunden hat, eine neue Geschichte gemacht.